Hallo. Mein Name ist Rhonda, meine Pronomen sind sie/ihr oder auch per/pers (kurz von Person). Ich bin im Vorstand von Venib – dem Verein Nicht Binär. Für jene, die uns nicht kennen, wir haben uns vor über drei Jahren gegründet, um für die Rechte von Nicht Binären Personen einzutreten.
Wir haben – theoretisch – schon einiges geschafft. Pepper ist auf einige der Dinge eingegangen. Deswegen werde ich darüber nicht reden. Worüber ich allerdings ein wenig reden mag ist die Geschichtsvergessenheit der Gesellschaft.
Wir bekommen immer wieder mal gesagt, warum trans Personen denn eigentlich bei der Pride dabei sind. Was trans Personen denn mit der Anerkennung von schwulen und lesbischen Personen zu tun haben sollten. Und je nach Erzählung über den Ursprung der Pride wird hier oftmals unterschlagen, dass trans und genderqueere Personen ganz zentral an vorderster Front in Stonewall für die Rechte der queeren Community gekämpft haben. Sylvia Riviera, eine Latina drag queen und Trans Aktivistin, die mit Teil des Aufstands gegen Polizeigewalt im Stonewall Inn war, wurde auf der Parade drei Jahre später von Schwulen und Lesben ausgebuht – hat sich aber vollkommen zurecht die Bühne nicht nehmen lassen und eine historisch bedeutende Brandrede für die Notwendigkeit der Solidarität gehalten.
Wir sehen aber auch massiv den Rechtsruck. Wobei ich den Begriff eigentlich als Verkennung der Sachlage sehe: Das „wir“ gegen „die“ war immer da. Es wird nur in den letzten Jahren offener – und offensichtlicher wieder ausgesprochen. Es gibt keinerlei Konsequenzen dafür, es wird sogar von Medien unter dem Deckmantel der „Meinungsvielfalt“ ohne journalistische Sorgfaltspflicht und Einordnung als gleichwertig dargestellt und damit ein False Balancing und damit eine Legitimation der Diskriminierung suggeriert.
Aktuelles Ziel, auf das sich eingeschossen wird, sind trans Personen. Und hier machen alle konservativen Kräfte mit. Zum Österreichplan unseres Bundeskanzlers hat das Queere Chaos Kollektiv Innsbruck mit unserer Mithilfe eine Aufgliederung der trans, inter* und nicht-binären Hetze darin samt Quellenangabe verfasst. Nachzulesen ist dieser unter anderem auch auf unserer Homepage unter venib.at/brief
Die Sache ist die, es ist so leicht zu durchschauen. Sie suchen sich ein Ziel, das aktuell noch die wenigste Akzeptanz hat und gerade dafür kämpft. Für die sie sich am meisten Skepsis, geringste Gegenwehr und Unterstützung erhoffen. Um die Community zu spalten. Und ich muss dabei ganz direkt an den Text von Martin Niemöller denken:
„Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“
Das selbige passiert aktuell mit der Welle an trans Hetze, und ein großer Teil der queeren Community schweigt dazu.
Warum erzähl ich das. Einerseits sollten andere Stimmen in der queeren Community schon lange laut werden aus Dankbarkeit, weil wir an vorderster Front für ihre Rechte gekämpft haben. Andererseits sollten es ihnen bewusst sein, dass der „Rechtsruck“ nicht nach uns aufhören werden, und sie allein aus Selbstschutz ebenfalls laut sein müssten.
Aber ehrlich? Ich find beide Argumente treffen die Problematik nicht. Denn wenn wir uns ehrlich sind: Ist das die Art und Weise, wie wir gesellschaftlich zusammen leben wollen? Wie wir Zusammenleben verhandeln? Wo wir uns für andere nur dann einsetzen, wenn uns aufgezeigt wird, was wir für einen Nutzen daraus ziehen? Statt uns für andere einzusetzen, weil es verfickt nochmal das richtige Ding wäre zu tun?
Ich weiß schon, es ist anstrengend und belastend, sich mit Leuten in der eigenen Umgebung auseinander zu setzen, die dieser Hetze glauben und zu ihrer Verbreitung beitragen. Und ich versteh’s. Ich hab einen Therapeuten aufgeben müssen, weil er sich überfordert gefühlt hat von der Belastung, mit der wir leben müssen und das auch offen gezeigt hat. Und ich eigentlich dort war um selbst aufgefangen zu werden und nicht schon wieder andere auffangen und abholen zu müssen.
Und verstehe den Wunsch nach safer spaces so so sehr. Weil die Belastung wirklich absurd ist. Aber wenn ihr irgendwie die Energie aufbringen könnt – und das geht vor allem an alle Leute raus, die sich gerne als Allies geben wollen – bleibt in Kontakt mit eurem Umfeld wo ihr noch irgendwie einen Zugang zu den Menschen habt, und widersprecht der Diskriminierung. Jedes verfickte Mal. Bis sie es verstehen. Um „den Frieden“ zu bewahren nichts zu sagen – diese Zeit ist schon lang vorbei. Auch wenn’s belastend erscheint, wir müssen da jetzt durch. Gemeinsam. Bleibt stark, wir schaffen das. Ich glaub an uns.
Be careful with each other so we can be dangerous together!